Alles über Mangelernährung
Was versteht man unter krankheitsbedingter Mangelernährung?
Die krankheitsbedingte Mangelernährung ist ein Ernährungszustand, der aufgrund einer unzureichenden Zufuhr oder Resorption von Energie, Eiweiß (Protein) und anderen essentiellen Nährstoffen im Zusammenhang mit einer Erkrankung entsteht. Dieser Zustand hat messbare, negative Auswirkungen auf die Zusammensetzung und die Funktionen des Körpers sowie auf die allgemeine Gesundheit. Als Folge kommt es vor allem zu einem Verlust von Muskelmasse und Muskelkraft.

- Akute oder chronische Krankheiten wie Schlaganfall, Tumore oder Entzündungen können dem Körper besonders viel Energie rauben. Dies kann zum Abbau von Fett- und Muskelmasse führen, wodurch Betroffene schnell und unbemerkt in eine Mangelernährung rutschen können.
- Appetitlosigkeit kann durch die Therapie, Medikamente und durch seelische Belastung einer akuten oder chronischen Krankheit ausgelöst werden.
- Geruchs- und Geschmacksverlust kann infolge einer Erkrankung oder Therapie, insbesondere bei Chemo- und Strahlentherapie, auftreten. Betroffene verlieren dadurch häufig das Interesse am genussvollen Essen und Trinken.
- Störungen der Kaufunktion, ausgelöst durch Muskelschwund, eine Mundpilzinfektion, schlechtsitzende Zahnprothesen oder eine verminderte Speichelproduktion erschweren Betroffenen das Essen. Dies kann zur Folge haben, dass einzelne Speisenkomponenten oder die gesamte Mahlzeit abgelehnt werden.
- Schluck- und Passagestörungen im Magen-Darm-Trakt können einen problemlosen Transport der Nahrung verhindern und so zu einer Unterversorgung mit Nährstoffen führen.
- Medikamente, wie starke Schmerzmittel, Antibiotika oder zur Behandlung von Krebserkrankungen können unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen. Dazu zählen z. B. Mundtrockenheit, Veränderungen der Geschmackswahrnehmung oder Übelkeit. Diese Begleiterscheinungen können sich negativ auf den Appetit und die Bereitschaft etwas zu essen oder zu trinken auswirken.
- Fehlende Unterstützung beim Essen und Trinken kann ebenfalls ein Grund für eine zu geringe Ess- und Trinkmenge sein und über einen längeren Zeitraum zu einer Mangelernährung führen.
Wie betroffene Personen das Speisen- und Getränkeangebot entsprechend ihren individuellen Bedürfnissen gestalten können, lesen Sie hier.
- Reduzierte Muskelmasse und -kraft sind ein wichtiges Indiz für eine Mangelernährung. Eine unzureichende Ess- und Trinkmenge oder eine einseitige Auswahl an Lebensmitteln in Kombination mit einer Erkrankung und/oder mangelnder körperlicher Aktivität kann zu einem stetigen Verlust von Muskelmasse und Muskelkraft führen. Außerdem steigt bei körperlicher Inaktivität das Risiko für Druckgeschwüre und Blutgerinnsel an.
- Ein schwaches Immunsystem ist eine häufige Folge von Mangelernährung. Wenn dem Körper lebensnotwendige Nährstoffe wie z. B. Eiweiße (Proteine) fehlen, können im Falle eines akuten Infekts nicht sofort große Mengen an Abwehrzellen gebildet werden. Die Immunreaktion ist dadurch deutlich reduziert und verläuft ebenso wie die Wundheilung verlangsamt ab.
- Längere Krankenhausaufenthalte können die Folge eines schwachen Immunsystems und/oder eines schlechten Ansprechens auf medizinische Behandlungen (z. B. Chemo- oder Strahlentherapie) sein. Häufig führt dies zu einem höheren Bedarf an Medikamenten, was einen Anstieg der Behandlungskosten mit sich bringt.
- Eine geringere Lebensqualität und eine erhöhte Sterblichkeit sind ebenso Folgen einer unbehandelten Mangelernährung. Betroffene verlieren durch einen schlechten Ernährungszustand an Körpergewicht und Muskelkraft, was das Risiko für Stürze und Knochenbrüche erhöht. Wenn das Immunsystem bereits geschwächt ist, verlängert dies die Dauer des Genesungsprozesses und erhöht das Risiko, vorzeitig zu versterben.
- Stimmungsschwankungen, Depressionen
- Schwächegefühl, Kreislaufprobleme
- Müdigkeit, Antriebslosigkeit
- Verminderte Konzentrationsfähigkeit, Kopfschmerzen
- Ungewollter Gewichtsverlust
- Appetitlosigkeit, eiseitige Ernährung
- Verlust von Muskelkraft, eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit
Ernährungstipps
Therapie bei Mangelernährung
Zu Beginn gilt es herauszufinden, welche Ursachen die unzureichende Versorgung des Körpers mit Energie, essentiellen Nährstoffen oder Flüssigkeit hat. Angepasst an die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten werden dann Maßnahmen zur Erhöhung der Nahrungsaufnahme ergriffen, um den Ernährungszustand zu optimieren. Zur Gewährleistung einer ausreichenden Nährstoffversorgung bietet sich das Vorgehen nach dem folgenden Stufenschema an.
Stufe 1
Normalkost Nahrungsanreicherung
(hochkalorisch)
Zu Beginn gilt es herauszufinden, welche Ursachen die unzureichende Versorgung des Körpers mit Energie, essentiellen Nährstoffen oder Flüssigkeit hat. Angepasst an die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten werden dann Maßnahmen zur Erhöhung der Nahrungsaufnahme ergriffen, um den Ernährungszustand zu optimieren. Zur Gewährleistung einer ausreichenden Nährstoffversorgung bietet sich das Vorgehen nach dem folgenden Stufenschema an.
Stufe 2
Orale Nahrungssupplemente
(ONS)
Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen oder die erkrankte Person einen verminderten Appetit hat, können orale Nahrungssupplemente (Trinknahrung) eingesetzt werden. Dabei handelt es sich um nährstoffangereicherte Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke in flüssiger, cremiger oder pulveriger Konsistenz. Trinknahrungen sind in unterschiedlichen Nährstoffzusammensetzungen und Geschmacksrichtungen erhältlich.
Stufe 3
Enterale Ernährung
(künstlich (klinische) Ernährung)
Für Betroffene, die es nicht schaffen, über ihre Ess- und Trinkmenge ihren Nährstoffbedarf ausreichend zu decken, sollte eine enterale Ernährung in Betracht gezogen werden. Diese erfolgt kurz- oder langfristig über eine Sonde in den Magen oder den oberen Dünndarm. Dieses Vorgehen/diese Methode kann in Ergänzung oder als vollständiger Ersatz für die Ernährung über den Mund genutzt werden.
Stufe 4
Parenterale Ernährung
(künstlich (klinische) Ernährung)
Wenn der Magen-Darm-Trakt nicht in ausreichender Form zur Ernährung des Körpers beitragen kann, sollte (zusätzlich) eine parenterale Ernährung eingesetzt werden. Hierbei werden sterile, auf die Bedürfnisse der erkrankten Person abgestimmte Nahrungslösungen als Infusion direkt in die Blutbahn verabreicht.